2006

Januar
In der ersten Hälfte des Monats herrschte bei uns das reinste Chaos. Wir bereiteten uns auf die bevorstehende Reise nach Peru vor. Wann immer ich eine Tochter zu Gesicht bekam, fragte ich, hast du Dies eingepackt, hast du das nicht vergessen. Es gibt Dinge, die man nicht verleiht wie zum Beispiel meine Turnschuhe, die sind schön eingelaufen und Monate habe ich gebraucht bis die Beulen am rechten Fleck sind. Bei Klamotten haben wir untereinander immer schon getauscht, das ist kein Problem. Am 20. Januar flogen wir (meine Cousine, Martina und Michaela und ich) dann nach Peru. Helmut wollte nicht mit und war froh nach diesem Stress, den wir vorab gemacht hatten, dass er jetzt seine Wohnung für sich alleine hatte. Helmut’s letzten Worte beim Abflug waren: „Jetzt wird dein Bruder mal 14 Tage erleben, welche Nervensägen Ihr seid und was ich schon über Jahre aushalten muß! Dem wünsche ich viel Spaß mit Euch!“
Mein Bruder und meine Schwägerin Ana freuten sich, als wir endlich da waren. Die Freude hielt allerdings knappe 24 Stunden. Helmut’s Vorhersagen stimmten. Allerdings nervten nicht wir alle, sondern wie so oft Michaela. Am ersten Morgen löste sich beim Frühstück der Deckel des Orangensaftes und dieser kippte mit Schwung über den schön gedeckten Tisch und Peter’s Anzugshose. Außerdem brach Michaela gleich in der ersten Nacht mit ihrem Bett ein, in der Mitte durch. In der folgenden Nacht brach sie noch einmal ein, das Bett wurde dann perfekt repariert und es gab dann auch keine Probleme mehr. Ansonsten zeigten wir uns alle von der besten Seite. Wir hatte viel gesehen und erlebt. Die Hosen hatte ich beim „Rafting“ vor Angst gestrichen voll, aber auch das hatte ich überlebt. Über die 4 Tage im Urwald könnte ich viel erzählen, um es kurz zu machen, es war ein unvergessliches Erlebnis.
Einen kompletten Reisebericht könnt Ihr auf meiner Homepage www.casperle.de nachlesen.
Alex, mein Neffe, war zur gleichen Zeit auf Urlaub in Peru. Er begleitete uns oft zum Shoppen. Ihm möchten wir auf diese Weise danken. Mit vier Frauen durch die Geschäfte latschen macht für einen Mann bestimmt keinen Spaß. Er hielt sich jedoch tapfer. Als wir nach 14 Tagen Abschied auf dem Flughafen nahmen, sagte Peter: „Es war eine schöne Zeit mit Euch, es wäre schön, wenn Ihr noch mal kommt!“ Wir versprachen es, wiederzukommen. Auch wenn es Helmut bis heute nicht glaubt, aber es gibt noch Menschen, die froh sind, wenn wir da sind.

Februar
Mir fällt nur ein, dass ich den ganzen Februar über krank war. Eine fürchterliche Erkältung und eine Innenohrentzündung legten mich lahm. Der Klimawechsel von Peru (30°C) nach Köln war doch etwas heftig.

März
Martina hatte uns irgendwann einmal erzählt, dass sie gerne mal mit ihrem Freund alleine wäre. Zum Geburtstag schenkten wir ihr einen Wochenendurlaub in Kleve. Der Freund war in diese Aktion eingeweiht. Leider spielte das Wetter nicht mit, trotzdem hatte es den Beiden dort gut gefallen. Eins muß ich noch richtigstellen: die Beiden sind deshalb nie alleine weil ihr Freund Fußballer ist, also sind auch immer alle Spieler dabei und zu Hause stören die Eltern die Zweisamkeit.

April
Helmut’s Geburtstag feierten wir still innerhalb der Familie, wie meinen übrigens auch.

Mai
Da unser Haus einen neuen Außenanstrich bekam, mussten wir das Sonnendach auf dem Balkon abreißen. Das PVC-Dach war auch schon alt und brüchig und hatte viele Löcher. Als die Streicherei vorbei war, mussten wir ein neues Dach bauen. Helmut hatte so etwas noch nie gemacht und zeigte sich guten Mutes. Er hampelte auf der wackeligen Leiter herum, nahe an der Brüstung, dort wo es nach unten geht. Ich hatte schon Krämpfe in den Armen, so fest hielt ich die Leiter und Helmut an der Hose. Er meinte: „Zieh nicht so an der Hose, ich stehe gleich im Freien!“ Martina, die uns helfen wollte, bekam von Helmut die Order, die Platte höher zu halten, damit er sie anschrauben konnte. Ich sah ihren flehenden Blick zu mir, sie stand schon bereits auf Zehenspitzen und hielt die riesige PVC-Platte hoch (2m x 1m). Ich meinte zu Helmut, so geht das nicht, wir sind zu klein. Martina und ich sind ja nur einsdreiundsechzig. Ich rief Michaela an, die ja größer ist als wir beiden. Sie sagte ihre Hilfe zu, ich müsse sie nur abholen. Bevor ich die Wohnung verließ, um Michaela abzuholen, sagte ich noch zu Martina, sie solle auf Paps aufpassen, damit er nicht zu übermütig wird und noch vom Balkon fällt. Mit den Worten im Ohr: „Mama mach’ Dir keine Sorgen!“ verließ ich die Wohnung. Nach 10 Minuten kam ich mit Michaela zurück. Helmut tupfte sich gerade das Blut vom Bein als wir in die Wohnung kamen. Was war passiert?
Martina erzählte: „Helmut hat beim Anschrauben einer Platte den Halt verloren und fiel von der Leiter. Damit aber nicht genug! Er knallte auch mit der Hüfte gegen das Geländer. Martina wollte eigentlich den Papa festhalten musste dafür aber die PVC-Platte loslassen. Eine Windböe ließ sie über zwei Grundstücke segeln bevor sie dann mit einem lauten Knall auf ein Garagendach landete und zersplitterte. Einer der Nachbarn schrie Helmut an, ob er ihn umbringen wollte? Helmut schrei zurück: „Meinen Sie ich lasse die PVC-Platten so zum Spaß vom Balkon fliegen?“ Ich dachte mir nur, hätte ich doch besser auf ihn aufgepasst. Michaela kletterte auf das Garagendach und holte die Platte, der Nachbar hatte sich wieder beruhigt, denn er sagte nichts zu ihr. Die Platte war hin, wir mussten eine Neue zuschneiden. Mit Michaela klappte es dann auch vorzüglich, was so 7 cm ausmachen können. Die letzten Platten gingen gut dran, es war eine Mordsarbeit, die sich aber wirklich gelohnt hatte, jetzt haben wir ein neues, löcherfreies, sauberes Sonnendach.
Mit Petra mache ich ja im Frühling immer eine einwöchige Radtour. Die Unterkünfte für uns bucht sie per Internet und bisher waren wir auch immer zufrieden. Diesmal mussten wir unsere Bleibe suchen, so versteckt war die. Am Telefon war die Rede von einem Holzhäuschen, klein aber fein. Als ich vor dem Häuschen stand, traf mich der Schlag. Andere Leute benutzen so etwas als Gartenhäuschen, dachte ich mir. Wir sahen es uns von innen an und ich war echt sprachlos. Kein Schrank, ein Schlafplatz, der andere nur über eine Leiter zu erklimmen, dort lag nur eine Matratze. Das Badezimmer hatte eine durchsichtige Tür. An den Fenstern keine Gardinen. Nur ein Stuhl im Raum! Spärlich wäre noch geprahlt. Wir fuhren dann erst einmal nach Xanten, dem nächst größeren Ort um da etwas zu essen. Dort erblickten wir ein geöffnetes Touristenbüro. Wir gingen hinein und fragten den freundlichen Herrn, ob er uns auf die Schnelle eine Unterkunft anbieten könnte, da wir mit dem was wir hatten nicht zufrieden wären. Er gab sich große Mühe und nach ein paar Telefonaten meinte er zu uns, fahren Sie mal zu dieser Adresse und schauen Sie, ob Ihnen die Unterkunft besser gefällt. Gesagt, getan! Für 5 € mehr am Tag bekamen wir jetzt das krasse Gegenteil. 120 Quadratmeter! Drei Schlafzimmer, jeglichen Komfort den man sich denken kann. Es gab nichts zu überlegen. Wir holten sofort unsere Sachen aus dem Knusperhäuschen und checkten neu ein, von da ab hatten wir eine schöne Zeit. Die Radtouren waren immer anstrengend, aber wir hatten auch viel zu Sehen bekommen.
Als wir zurückkamen, wollte ich Helmut die Aufnahmen zeigen, die ich mit seinem Camcorder gemacht hatte. Ich sagte gleich, dass ich mit seinem Camcorder schlecht zurechtkam, worauf er meinte: „Du kannst einfach nicht damit umgehen, ich frage mich, was Du gemacht hast, die Aufnahmen sind viel zu dunkel!“ Ich war es satt, das war jetzt das zweite Mal das ich den Camcorder mit hatte und er nicht funktionierte!“

Ich beschloß, mir einen eigenen Camcorder zu kaufen! Der Verkäufer zeigte mir einen Camcorder, erklärte mir, was er alles kann und so und schaute auf einen der gleich daneben stand und fragte, ob der Camcorder das auch alles kann. Klar, sagte der Verkäufer, aber der ist viel teurer. Ich sagte ihm, das macht nichts, ich nehme den Teuereren. Als wir aus dem Geschäft kamen, fragte mich Helmut, wie so ich diesen Camcorder unbedingt wollte. Meine Antwort war, mir gefiel das Design. Helmut fasste sich an den Kopf, und sagte: „Das glaube ich jetzt nicht, Du bist der einzige Mensch auf der Welt, der auf das Design achtet!“
Am gleichen Tag rief Michaela noch an. Ob wir Zeit hätten, sie hätte ein Auto gesehen, das sie kaufen wollte und unsere Meinung wäre ihr wichtig. Wir fuhren also nach Burscheid und begutachteten den Wagen. Ein tiefergelegter, schwarzer VW Lupo, der auch einen „bösen Blick“ hatte, was immer das auch ist. Ich hielt mich zurück, hab’ so wie so keine Ahnung von Autos. Helmut sagte: „Kind, wenn er Dir gefällt, dann kauf ihn!“ Damit hatte Michaela natürlich gerechnet (kann man ihr einen Wunsch abschlagen?) und ihre Augen strahlten. Sie wollte halt den Segen des Vaters! Aber eigentlich war es ein ausgemachter Trick von mir und Michaela, denn bei Helmut gibt es nur ein Ja oder Nein. Der Wagen wurde sofort gekauft.

Juni
Mit Martina war ich auf Bildungsurlaub, Thema: „Meine, Deine, Unsere Werte“. Bis auf zwei Teilnehmer waren alle anderen blöde, das kann schon mal passieren. Das Wetter war sagenhaft und an einem freien Nachmittag hatten wir eine schöne Bootstour auf dem Ammerlander Meer unternommen. Wir beide hatten viel Spaß in der Zeit und das war die Hauptsache.
Michaela hatte in der Woche ihre Prüfung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Sie bestand die Prüfung mit „gut“.
Helmut trat mit seiner Band wieder mal in Krefeld auf. Eine Geburtstagsparty wurde so verschönert. Sie spielten, bis die Polizei vorbei kam, und ihnen sagte, sie sollten langsam mal aufhören. Immerhin war es 23.00 Uhr und sie spielten auf einem Kirchengelände unter freiem Himmel, ringsherum allerdings Wohnblocks!
Martina ließ sich als Betriebsrätin aufstellen und wurde gewählt – selbstverständlich! Eine Menge Arbeit kommt da auf sie zu. Sie ist sehr engagiert und hofft ihre Arbeit im Büro und die Arbeit als Betriebsrätin unter einen Hut zu bekommen.

Juli
Helmut und ich fuhren in den Ferien für 10 Tage nach Kleve. Wir wurden von vielen Leuten gefragt, wie man da Urlaub machen kann, da wäre doch nix los. Ich war mit meiner Freundin Petra schon oft zum Radfahren dort. Die Gegend ist sehr erholsam. Helmut und ich fuhren jeden Tag viele Kilometer mit dem Rad, das Wetter war ja dieses Jahr wirklich bombastisch. Itte und Günter Hübbers, bei denen wir wohnten, füllten uns jeden Abend mit leckerem Brombeer- und Kirschwein ab, so dass wir fast jeden Abend im Rummy Cup verloren. Günter gewann dabei sehr oft, bis wir feststellten, dass man von seinem Platz aus, durch die alten Kunststoffklötzchen schauen konnte, und so die Zahlen sah. Deshalb zog er auch immer die Joker. Als uns das auffiel kauften wir ihm sofort ein neues Spiel und schon gewannen auch wir mal. Wir hatten mit den beiden jedenfalls viel Spaß. Als uns Martina am Wochenende besuchte, fuhren wir mit Hübber’s Motorboot den alten Rhein entlang. Unterwegs gab es dann ein leckeres Picknick. Einen weiteren Vorteil hatte der Urlaub in Kleve. Helmut’s Band hatte wieder mal einen Auftritt beim Pfarrfest. Der Auftritt war mitten im Urlaub und fand in Krefeld statt. Ein Katzensprung von Kleve aus! Als die ersten Töne angespielt wurden, meinte der Sänger zu den Zuschauern: „Wir möchten uns alle beim Schlagzeuger bedanken, dass er extra seinen Urlaub unterbrochen hat, nur um heute dabei zu sein! Ich bitte um Applaus!“ Die Leute waren recht sprachlos, denn Helmut war durch das Radfahren so braun, dass die meinten, er wäre von Mallorca extra eingeflogen. Jedenfalls kamen die Leute wieder voll auf ihre Kosten und es war ein Superauftritt. Martina kam extra aus Leverkusen um ihren Paps zu sehen. Michaela war im Urlaub auf Mallorca. Ich bin stolz auf Helmut, denn er macht das wirklich gut, allerdings sind die anderen Bandmitglieder auch alle sehr nett und locker. Ende Juli waren dann noch sie Rolling Stones in Köln, wo Helmut und Michaela nicht fehlen durften. Ich finde es jetzt nicht besonders erwähnenswert, aber für die Beiden war das nach ihrer Aussage das Highlight des Jahres.

August
Ich war Anfang August mal wieder auf Bildungsurlaub, und weil ich keinen überreden konnte, fuhr ich alleine. In dem Kurs waren aber einige, dich ich schon von früheren Seminaren her kannte und so war das Hallo groß gewesen. Das Thema weiß ich nicht mehr so genau, aber das Essen in Bad Zwischenahn war wie immer ein Gedicht. Ich kam freitags zurück und Helmut fuhr den Dienstag darauf zu einem Ausbilderseminar nach Wiehl. Helmut war noch nicht ganz durch die Tür, da fiel der Startschuß zum Renovieren. Martina und ich wollten ihn überraschen und wir rissen schon mal die Tapete im Wohn- und Esszimmer runter. Das war so viel Arbeit, dass wir Mühe hatten, fertig zu werden, bis er wieder da war. Natürlich war er stolz auf uns und legte so gleich mit dem Tapezieren los, als er wieder da war. Die Rollen waren gleich verteilt, Helmut auf die Leiter und ich gebe ihm die Tapeten an. Als er sich etwas recken musste, weil die Leiter zu weit von der Wand weg stand, verlor er den Halt und fiel von der Leiter. Als wäre das nicht schlimm genug, fiel er so unglücklich, dass er mit einem Bein im Kleistereimer hing. Die Lage war ernst, Helmut hätte sich sonst was brechen können, aber ich konnte nicht anders und musste lachen. Er wusch sich das Bein und weiter ging es. Als die Renovierungsarbeiten fertig waren wollte Helmut den schweren Wohnzimmerschrank wieder an die Wand rücken und meinte noch: „Der ist verdammt schwer, wie habt Ihr zwei das geschafft?“ Ich sagte noch, Zentimeter für Zentimeter. Er meinte ach Blödsinn, wenn man einmal kräftig drückt dann steht er da wo er hin soll. So geschah es auch. Er drückte erst auf der einen Seite, und dann wollte er die andere Seite drücken; da krachte es auch schon! Der Schrank verlor seine Stabilität und die obere Glasplatte löste sich aus der Verankerung. Sie krachte auf die Gläser darunter, Na Klasse. Er schaute mich bedröppelt an, was sollte ich noch sagen. Ich nahm mir eine Kehrschaufel und trug meine guten Gläser zu Grabe. Nach der Tapetenaktion ging das Drama erst los. Wir brauchten neue Lampen für Wohn- und Esszimmer. Bei so was gehen unsere Geschmäcker immer stark auseinander. So war ich sehr überrascht, als Helmut vor einer orientalischen Bodenlampe stand und meinte, die würde gut ins Esszimmer passen. Wir waren beide begeistert von der Lampe, dass wir sie gleich einpacken ließen. Der Verkäufer meinte noch, sie würde aus Ziegenleder bestehen und wenn sie riechen würde solle man sie auf den Balkon stellen. So fuhren wir mit der Lampe nach Hause. Nach kurzer Zeit fing es im Auto an penetrant zu stinken, wir schauten uns nur an, keiner sagte etwas. Plötzlich zeigte Helmut auf einen Traktor, der Gülle ausfuhr, wir waren erleichtert dass es nicht die Lampe war. Die Lampe ist wunderschön und hat bisher noch nicht ein einziges Mal gestunken. Wir haben die beiden Zimmer mit so vielen Details wie Lampen, Vorhänge, usw. bestückt, dass es komplett andere Zimmer geworden sind.

September
Anfang September hatte Helmut seine erste Operation für die neuen Zahnimplantate. Zunächst wurden Platingewinde in seinen Kiefer verpflanzt. Das Ganze wurde dann zugenäht. Im Dezember wird das wieder aufgemacht und dann werden die Zähne draufgeschraubt. Ich weiß nur, dass das alles schrecklich ist, ich hätte da nicht den Mut zu. Vor Helmut muß man den Hut ziehen. Er geht da immer hin und erträgt alles ohne zu murren.

Oktober
Helmut erzählte irgendwann mal, dass er erst wieder zum Friseur geht, wenn der 1 FC aufgestiegen ist. Die Kinder und ich nehmen Helmut nicht immer ernst und wir glaubten an einem seiner üblichen Scherze. Aber im Laufe der Zeit wuchsen die Haare und er sah damit echt beschissen aus. Wir redeten alle auf ihn ein, aber es half nichts, er stellte auf stur. Und dann endlich, Mitte Oktober war es, kam er nach Hause und hatte seine Zottelmähne ab. Wir waren alle erleichtert, denn jetzt sieht er wieder super gut aus.
Ende Oktober erzählte Helmut bei seiner Kölner Band, das ich gerne Theater spielen würde und die Sängerin meinte, das würde sich gut treffen, denn sie würde eine weibliche Person suchen und ich solle mal vorbeikommen. Mein Glück war es, dass es nur 5 Minuten von mir entfernt ist und so stellte ich mich mal vor. Mit einer Rolle im Gepäck ging es freudestrahlend wieder nach Hause. Am nächsten Tag fuhr ich mit Petra eine Woche nach Oldenburg zum Radfahren, meinen Text hatte ich immer im Gepäck und nach einer Woche war ich „textsicher“.

November
Im September hatte ich mir eine neue Küche bestellt. Diesmal wollte ich alles perfekt haben. Ein Bekannter bot sich an, uns einen Fliesenspiegel zu kleben, aber die Vorarbeit müssten wir schon machen. Die alten Kacheln mussten ab, was war das eine schweißtreibende Arbeit. Helmut hatte „Tag der Offenen Tür“ und war so nicht da. Michaela holte die Kacheln mit einem Bohrhammer runter, rief Papa an und sagte: „Papi, ich hab’ die Kacheln mit dem Bohrhammer runtergeholt und hab’ auch direkt alles neu verputzt!“ Helmut war sprachlos, besser hätte er es auch nicht machen können. Zwei Wochen keine Küche, dieser Dreck, in der Badewanne spülen, zum Frühstück die Sachen zusammensuchen, das Schlafzimmer vollgepackt mit Küchenutensilien. Wir hatten es so satt. Der einzige Vorteil, ich brauchte mir zwei Wochen keine Gedanken darüber zu machen, was ich kochen sollte. Helmut aß auf der Arbeit und ich in den umliegenden Snackbars. Am Wochenende gingen wir immer lecker essen. Ganz wohl fühlte ich mich dabei allerdings nicht. Im Restaurant saßen Damen die sich chic gemacht hatten, und als ich so auf meine Hände schaute! Beim Duschen ging die Lackfarbe noch lange nicht von den Fingern ab, ebenso nicht von den Nägeln. Helmut meinte dann immer, wir sitzen hier lediglich zur Nahrungsaufnahme und nicht mehr. Mitte November kam dann endlich die neue Küche, Helmut hatte sich extra Urlaub genommen, weil er die Küche alleine geplant hatte. Als die Monteure die Dunstabzugshaube aufhingen, meinte Helmut: „Die ist aber flach!“ Das sollte heißen, an der Stelle wo sie hinkam, fehlte eine Kachelreihe und man schaute auf den blanken Putz. Also musste noch eine Kachelreihe nach geklebt werden. Ich hoffte, dass das die einzige Panne war, aber weit gefehlt. Die Monteure hatten alle Lichtkränze und Zierleisten vergessen, die würden in ca. 4 Wochen nachgeliefert. Na Klasse! Meine Nerven waren schon sehr dünn als zum Schluß noch der Installateur für Wasser, Abfluß und Herd kam. Es fing schon damit an das er sagte: „ Wo ist denn die Dichtung?“ „Wir bekommen doch alles neu gemacht, sie werden sicherlich Dichtungen dabei haben!“ meinte Helmut zu ihm. Die alten Dichtungen hatten wir beim Abbau der alten Küche weggeschmissen. Der gute Mann hatte keine passenden Dichtungen dabei! Ich hörte ihn sagen, dass er versuche wollte, das „irgendwie“ dicht zu bekommen. Außerdem wären die Schläuche zu kurz, da das Abflussrohr jetzt an einer anderen Stelle wäre. Er schaute in seinem Wagen nach einem neuen Schlauch. Ich drückte mir die Daumen platt. Nach zwei Stunden meinte er, das könne jetzt dicht sein, ich solle die Maschinen aber nicht aus den Augen lassen, er könne für nichts garantieren. Er machte sich an den Herd mit den Worten: „Das ist aber ein altes Schätzchen! An den Kabeln sind ja keine Aderendhülsen!“ Helmut fragte noch, ob er die auch nicht dabei hätte. Ich konnte das nicht mehr mit anhören und verzog mich ins Schlafzimmer. Nach insgesamt drei Stunden erlöste mich Helmut mit der guten Nachricht: „Es ist alles angeklemmt und funktioniert!“

Für die Küche brauchte ich noch eine Gardine und eine neue Lampe. Martina, Michaela und ich machten uns also auf die Suche. Voller Stolz kamen wir mit den neuen Teilen nach Hause. Helmut betrachtete sich die Lampe und hatte in nur wenigen Minuten zwei der kleinen Birnchen mit seinen Händen zerquetscht. Was habt Ihr da für einen Mist gekauft, man braucht man mindestens 5 Hände, um die Lampe an der Decke zu befestigen. Die Kinder schickten ihn zur Bandprobe und brachten die Lampe an. Es war wirklich nicht einfach, aber die Beiden zeigten Durchhaltevermögen und Geduld. Jetzt hängt sie! Wir konnten kaum Luft holen, da wurden die neuen Flurmöbel angekündigt. Am gleichen Abend wurden die Kinder gerufen und es wurde heiß überlegt, wie die fehlende Bordüre geklebt werden sollte. Geeinigt haben wir uns für quer durch den Flur. Man kann es nicht beschreiben, man muß es gesehen haben, denn es sieht wirklich toll aus.

Ende November war es dann so weit, ich hatte meinen ersten Auftritt mit meiner Theatergruppe. Es war ein Stück über Sterbehilfe und wir trugen es im Zusammenhang mit einem Gottesdienst in einer Kirche vor. Ich musste einen Jammerlappen spielen. Ich spielte die Tochter des Sterbenden und musste immer weinen und total verzweifelt wirken. Es war natürlich klar, dass die gesamte Familie mit Freunden da war. Sie waren alle stolz auf mich. Das Stück war noch nicht ganz zu ende, da bekam ich schon einen neues Stück vorgelegt. Die Zeit zum Auswendiglernen wird immer kürzer. Oft habe ich Angst, dass ich das nicht schaffe, aber meine Töchter sagen dann immer: „Wenn nicht Du, wer dann, soll dieses Stück spielen? Du schaffst das!“ So sitze ich also wieder vor meinem Text, in einer Woche ist Aufführung. Ich spiele eine schwangere Frau, vor allen Dingen ist es diesmal ein lustiges Stück. Ich werde mich der Herausforderung aufs Neue stellen und hoffe es wird so ein Erfolg wie beim ersten Mal.

Das Jahr war für uns alle sehr anstrengend und aufregend. Für das nächste Jahr erhoffe ich mir ein bisschen mehr Ruhe für uns alle.

Euch allen eine schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.